Buchkritik -- Wolfram Eilenberger -- Feuer der Freiheit

Umschlagfoto, Buchkritik, Wolfram Eilenberger, Feuer der Freiheit, InKulturA Vier Frauen, vier philosophische Temperamente wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Nach „Zeit der Zauberer. Das große Jahrzehnt der Philosophie 1919–1929“ aus dem Jahr 2018, in dem Wolfram Eilenberger die Ideen und das Leben der vier Philosophen Ludwig Wittgenstein, Walter Benjamin, Ernst Cassirer und Martin Heidegger darstellte, legt er jetzt mit „Feuer der Freiheit. Die Rettung der Philosophie in finsteren Zeiten 1933–1943“ein philosophisches Porträt von Hannah Arendt, Simone de Beauvoir, Simone Weil, und Ayn Rand nach.

Die vier zwischen 1905 und 1909 geborenen kannten sich nicht persönlich und doch, bei all ihren unterschiedlichen Denkansätzen, waren sie im Hintergrund von Nationalsozialismus und Zweitem Weltkrieg unabhängig voneinander auf der Suche nach einer Gesellschaft ohne Totalitarismus, in der die Freiheit des Individuums gewährleistet ist.

Für Hannah Arendt, aufgewachsen in Königsberg und 1941 auf der Flucht vor den Nazis in die USA emigriert, steht die absolute Entrechtung des Individuums durch den Totalitarismus im Mittelpunkt ihres Denkens. Ihr großes Thema ist die Analyse der Mechanismen, die sowohl zum nationalsozialistischen und stalinistischen Terror als auch zum Holocaust führten.

Simone de Beauvoir, legte mit „Das andere Geschlecht“ 1949 eine der wesentlichen theoretischen Grundlagen des Feminismus vor. Ihr vom Lebenstemperament vollkommen entgegengesetztes Gegenstück ist die zweite Französin, Simone Weil. Die Tochter eines jüdischen Arztes und einer Russin wird als eine moderne Jeanne d’Arc, die sich selbst opfert, um die Welt zu retten und die ihr Heil glaubt in Gott gefunden zu haben, in die Geschichte des 20. Jahrhunderts eingehen.

Die schillerndste Person dieses philosophischen Quartetts dürfte die 1905 in Sankt Petersburg als Alissa Sinowjewna Rosenbaum geborene und seit 1926 in den USA lebende Russin Ayn Rand darstellen. Sie entwarf eine Philosophie des „rationalen Eigennutzes“, den sogenannten „Objektivismus“, in der Eigeninitiative über allem steht und die in der durch das Kollektiv erzwungenen Aufopferung des Einzelnen das große Übel der Moderne sieht.

Mithilfe von Tagebüchern und Briefen, erzählt Wolfram Eilenberger über ihre ökonomischen Situationen, deren Beziehungen und familiären Hintergründen. Er versteht es, einen fesselnden Einblick in die wechselvollen Lebensläufe der vier Frauen zwischen Auswanderung, Flucht und Exil zu geben, die er mit einer Mischung aus deren Persönlichkeitsprofilen und den Zeitumständen sichtbar macht.

Mit „Feuer der Freiheit“ hat der Autor ein weiteres großartiges Werk über Denker(innen) des 20. Jahrhunderts vorgelegt.




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Veröffentlicht am 6. Dezember 2020