Verschweigen als Wahlkampfprogramm

Die Kölner Konsenskultur

Endlich! Die politische Innovation des Jahrhunderts ist da!Die Kölner Parteienlandschaft hat es geschafft: Sie haben das perfekte Wahlkampfprogramm entwickelt. Nicht etwa durch brillante Ideen, wegweisende Konzepte oder gar den Mut zur Wahrheit – nein, viel eleganter: durch kollektives Schweigen. „Verschweigen als Wahlkampfprogramm“ – das ist der neue politische Trend, der von Köln aus die Republik erobern könnte.

Die Genialität dieses Ansatzes liegt in seiner bestechenden Einfachheit: Was man nicht anspricht, kann einen auch nicht in Schwierigkeiten bringen. Migration? Gibt es nicht. Zumindest nicht im Wahlkampf. Die Parteien – alle außer dieser einen, die man nicht nennen darf, weil sie das Tabu bricht – haben sich in einem historischen Akt der Selbstzensur darauf geeinigt, eines der drängendsten Themen unserer Zeit einfach zu ignorieren. Wie fortschrittlich!

Das Schweige-Kartell von Köln

Man stelle sich vor: Politiker verschiedener Couleur, die sich sonst über alles streiten – von der Höhe der Hundesteuer bis zur Farbe der Ampelschaltung –, finden plötzlich Einigkeit. Nicht etwa in der Sache, sondern in der gemeinsamen Verweigerung, überhaupt über die Sache zu sprechen. Das ist Konsensdemokratie in Reinkultur! Warum komplizierte Lösungen suchen, wenn man das Problem einfach aus dem Diskurs verbannen kann? Die Logik dahinter ist bestechend: Wenn alle schweigen, kann keiner einen Fehler machen. Wenn keiner das M-Wort ausspricht, kann auch keiner dafür kritisiert werden, was er dazu sagt. Brillant! Es ist, als würde man Krebs heilen, indem man aufhört, über Krebs zu sprechen. Oder den Klimawandel stoppen, indem man das Wetter ignoriert.

Die Kunst des politischen Nichts

Diese neue Form der Politik verdient durchaus Bewunderung. Jahrzehntelang haben sich Politiker den Kopf zerbrochen, wie sie komplexe gesellschaftliche Herausforderungen angehen könnten. Wie naiv! Die Kölner haben erkannt: Der beste Umgang mit schwierigen Themen ist, sie gar nicht erst zu thematisieren.Stellen Sie sich vor, wie befreiend das für die Kandidaten sein muss! Keine mühsamen Recherchen mehr, keine durchdachten Konzepte, keine Rechtfertigung vor den Wählern. Stattdessen können sie sich auf die wirklich wichtigen Dinge konzentrieren: Händeschütteln, Babys küssen und über das Wetter reden. Oder über Radwege. Radwege sind immer gut. Da kann man nichts falsch machen.

Das Totschweige-Manifest

Die Vereinbarung der Kölner Parteien ist nichts weniger als ein Manifest für eine neue Art der Politik. Eine Politik, die nicht mehr von der lästigen Realität gestört wird. Eine Politik, die sich nicht mehr mit den Sorgen und Nöten der Bürger herumschlagen muss, sondern diese einfach ausblendet.Man könnte diesen Ansatz durchaus weiterdenken: Warum nur Migration totschweigen? Warum nicht auch andere unangenehme Themen? Arbeitslosigkeit? Einfach nicht erwähnen! Wohnungsnot? Kommt im Wahlkampf nicht vor! Klimawandel? Welcher Klimawandel? Die Möglichkeiten sind endlos!

Die Demokratie des Schweigens

Besonders bemerkenswert ist die demokratische Qualität dieser Entscheidung. Hier haben sich Parteien zusammengetan und gemeinsam beschlossen, was die Wähler nicht zu hören bekommen. Das ist Bürgernähe in ihrer reinsten Form: Man erspart den Menschen die Mühe, sich mit komplexen Sachverhalten auseinandersetzen zu müssen. Wie rücksichtsvoll!Die Wähler können sich entspannt zurücklehnen und wissen: Ihre gewählten Vertreter haben bereits entschieden, worüber sie sich Gedanken machen müssen und worüber nicht. Das ist Service! Das ist moderne Demokratie! Warum sollten Bürger auch selbst entscheiden, welche Themen für sie relevant sind? Dafür gibt es schließlich Politiker.

Der Elefant im Raum wird ignoriert

Natürlich gibt es da diesen einen Elefanten im Raum. Einen sehr großen, sehr lauten Elefanten, der Migration heißt und den alle sehen, alle hören, alle spüren – aber über den niemand sprechen darf. Zumindest nicht im Wahlkampf. Das wäre ja unfair gegenüber den anderen Themen. Oder so ähnlich.Die Kunst liegt nun darin, um diesen Elefanten herumzutanzen, ohne ihn zu berühren, zu erwähnen oder auch nur anzuschauen. Das erfordert akrobatische Fähigkeiten, die man in der Politik sonst nur beim Steuern um Wahlversprechen herum beobachten kann.

Die AfD als Spielverderber

Natürlich gibt es immer Spielverderber. In diesem Fall ist es die AfD, die sich weigert, bei diesem eleganten Schweige-Spiel mitzumachen. Wie unsportlich! Während alle anderen brav schweigen, redet diese Partei einfach über das, was alle anderen verschweigen. Das ist unfair! Das ist Regelbruch! Das ist… demokratisch?Aber nein, das kann nicht sein. Demokratisch ist, was alle anderen machen: schweigen. Reden ist undemokratisch. Zumindest über bestimmte Themen. Die anderen bestimmen, welche das sind.

Die Zukunft des Verschweigens

Wenn das Kölner Modell Schule macht, stehen wir vor einer Revolution der politischen Kommunikation. Wahlkämpfe der Zukunft könnten so aussehen: Kandidaten stehen auf Podien und schweigen sich an. Der Gewinner ist derjenige, der am längsten schweigt. Oder am überzeugendsten schweigt. Oder am demokratischsten schweigt.Die Medien werden begeistert sein: Endlich keine komplizierten Sachverhalte mehr, die erklärt werden müssen. Stattdessen können sie ausführlich über das Schweigen berichten. „Heute schwieg Kandidat X besonders überzeugend zum Thema Y.“ „Die Qualität des Schweigens von Partei Z war beeindruckend.“ „Ein Schweigen, das unter die Haut geht.“

Das Schweigen der Lämmer

Am Ende bleibt die Frage: Wer sind hier eigentlich die Lämmer? Die Politiker, die brav schweigen, um ja nicht anzuecken? Oder die Wähler, die sich dieses Schweigen gefallen lassen? Oder vielleicht alle zusammen, die sich in einer kollektiven Realitätsverweigerung eingerichtet haben?Die Kölner haben jedenfalls den Beweis erbracht: Demokratie funktioniert auch ohne Debatte. Politik geht auch ohne Inhalte. Und Wahlkampf klappt sogar ohne die Themen, die die Menschen wirklich bewegen.

Verschweigen als Staatskunst

Was in Köln geschieht, ist nichts weniger als die Erhebung des Verschweigens zur Staatskunst. Nicht mehr das gesprochene Wort zählt, sondern das ungesprochene. Nicht mehr die Antworten sind wichtig, sondern die Fragen, die gar nicht erst gestellt werden.Diese neue Form der Politik verdient einen Namen: Schweigokratie. Eine Herrschaftsform, in der nicht derjenige regiert, der die besten Argumente hat, sondern derjenige, der am geschicktesten schweigt. In der nicht derjenige gewinnt, der die Wahrheit sagt, sondern derjenige, der sie am elegantesten verschweigt.

Das große Schweigen

Und so schweigt Köln. Schweigt über Migration, schweigt über die Realität, schweigt über die Sorgen der Menschen. Aber es schweigt nicht irgendwie – es schweigt demokratisch, es schweigt gemeinsam, es schweigt mit Konsens.Nur eine Partei schweigt nicht mit. Und das, so scheint es, ist das eigentliche Problem. Nicht dass geschwiegen wird, sondern dass nicht alle schweigen. Das ist der Skandal. Das ist die Bedrohung für die Demokratie. Das ist das, was verhindert werden muss.Willkommen in der Schweigokratie. Willkommen in einer Welt, in der Verschweigen zum Programm wird. Willkommen in Köln, der Stadt, die der Politik eine neue Richtung weist: die Richtung des Schweigens.

Epilog: Die Stille nach dem Sturm

Am Ende dieser Betrachtung bleibt nur noch eins zu sagen: nichts. Denn das haben wir gelernt. Schweigen ist die neue politische Tugend. Schweigen ist Konsens. Schweigen ist Demokratie.Und wenn alle schweigen, herrscht endlich Ruhe. Eine Ruhe, die nur gelegentlich von einer störenden Stimme unterbrochen wird, die das ausspricht, was alle anderen verschweigen. Aber auch das wird sich regeln lassen. Irgendwann werden alle schweigen. Und dann ist die Schweigokratie perfekt.Bis dahin bleibt uns nur, das Kölner Modell zu bewundern: Verschweigen als Wahlkampfprogramm. Eine Innovation, die die Politik revolutionieren könnte. Oder sie endgültig zum Schweigen bringt.

 

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