Warum Zeitgeist?Frei!

Der Staat ist unter die Räuber gefallen. Parteien und Politiker, die eigentlich den Willen des Volkes, des einzig legitimen Souveräns vertreten sollen, haben den Staat und damit die Gemeinschaft der Bürger in Geiselhaft genommen. Abgehoben von der gesellschaftlichen Realität leben sie in einem Paralleluniversum und ihr Credo lautet “Wir allein sind der Staat”.

Gut alimentiert von den Steuergeldern seiner Bürger macht sich das kalte Ungeheuer Staat (Friedrich Nietzsche) daran, die Bürger mehr und mehr als dumme, einfältige und sich gegenüber den Segnungen von oben als verstockt gebende Masse zu betrachten. Längst zählt nicht mehr der politische Wille der Mehrheit, sondern der von kleinen, gut vernetzten und sich lautstark artikulierenden Minderheiten.

Die Dinge, die einst aus guten Gründen als richtig betrachtet wurden, sind inzwischen in ihr Gegenteil verkehrt worden. Bürgerliche Freiheit, Familie, politische Selbstbestimmung und Kritik sind den Herrschenden inzwischen suspekt geworden und der mündige Bürger unter Generalverdacht gestellt.

Aus diesem Grund hab ich mich entschlossen, den Politbetrieb kritisch zu beobachten und zu kommentieren. Da die Politkaste nichts so sehr fürchtet wie Kritik, die mit Spott und Hohn einhergeht, bleibt derzeit einem kritischen Beobachter des politischen Zeitgeistes keine andere Möglichkeit, als diese Kritik immer wieder und unverzagt in den öffentlichen Raum des Internets zu stellen.

Der Zeitgeist, diese fatale Kombination von Arroganz, Ignoranz und Dummheit, hat von den herrschenden Eliten Besitz ergriffen und wird von ihnen als alternativlose politische Avantgarde dargestellt, die in der politischen Korrektheit ihr endgültiges, immer währendes Ziel erreicht hat.

Kritik dagegen verstehen diese, sich selbst zum Maßstab gesellschaftlicher Werte erhobenen Zirkel inzwischen als Majestätsbeleidigung. Schlimmer noch, da deren Mantra mittlerweile sogar religiöse Züge angenommen hat, erhält Kritik an diesem Modell, das die Gesellschaft sowohl gravierend verändert als auch zersetzt, den Status der Ketzerei.

Wer sich dagegen nicht wehrt, der lebt ganz gewiss verkehrt.

Dabei treibt mich eine Frage ganz besonders an: Kann man dieses System von innen heraus überhaupt noch verändern oder sind die Strukturen der Macht und der davon profitierenden Cliquen dermaßen unangreifbar geworden, dass die Stunde einer außerparlamentarischen Opposition gekommen ist?

Friedrich Nietzsche über das kalte Ungeheuer Staat.

Irgendwo gibt es noch Völker und Herden, doch nicht bei uns, meine Brüder: da gibt es Staaten.

Staat? Was ist das? Wohlan! Jetzt tut mir die Ohren auf, denn jetzt sage ich euch mein Wort vom Tode der Völker.

Staat heißt das kälteste aller kalten Ungeheuer. Kalt lügt es auch; und diese Lüge kriecht aus seinem Munde: »Ich, der Staat, bin das Volk.«

Lüge ist’s! Schaffende waren es, die schufen die Völker und hängten einen Glauben und eine Liebe über sie hin: also dienten sie dem Leben.

Vernichter sind es, die stellen Fallen auf für viele und heißen sie Staat: sie hängen ein Schwert und hundert Begierden über sie hin.

Wo es noch Volk gibt, da versteht es den Staat nicht und haßt ihn als bösen Blick und Sünde an Sitten und Rechten.

Dieses Zeichen gebe ich euch: jedes Volk spricht seine Zunge des Guten und Bösen: die versteht der Nachbar nicht. Seine Sprache erfand es sich in Sitten und Rechten.

Aber der Staat lügt in allen Zungen der Guten und Bösen; und was er auch redet, er lügt – und was er auch hat, gestohlen hat er’s.

Falsch ist alles an ihm; mit gestohlenen Zähnen beißt er, der Bissige. Falsch sind selbst seine Eingeweide.

Sprachverwirrung des Guten und Bösen: dieses Zeichen gebe ich euch als Zeichen des Staates. Wahrlich, den Willen zum Tode deutet dieses Zeichen! Wahrlich, es winkt den Predigern des Todes!

Viel zu viele werden geboren: für die Überflüssigen ward der Staat erfunden!

Seht mir doch, wie er sie an sich lockt, die Viel-zu-Vielen! Wie er sie schlingt und kaut und wiederkäut!

»Auf der Erde ist nichts Größeres als ich: der ordnende Finger bin ich Gottes« – also brüllt das Untier. Und nicht nur Langgeohrte und Kurzgeäugte sinken auf die Knie!

Ach, auch in euch, ihr großen Seelen, raunt er seine düsteren Lügen! Ach, er errät die reichen Herzen, die gerne sich verschwenden!

Ja, auch euch errät er, ihr Besieger des alten Gottes! Müde wurdet ihr im Kampfe, und nun dient eure Müdigkeit noch dem neuen Götzen!

Helden und Ehrenhafte möchte er um sich aufstellen, der neue Götze! Gerne sonnt er sich im Sonnenschein guter Gewissen – das kalte Untier!

Alles will er euch geben, wenn ihr ihn anbetet, der neue Götze: also kauft er sich den Glanz eurer Tugenden und den Blick eurer stolzen Augen.

Ködern will er mit euch die Viel-zu Vielen! Ja, ein Höllenkunststück ward da erfunden, ein Pferd des Todes, klirrend im Putz göttlicher Ehren!

Ja, ein Sterben für viele ward da erfunden, das sich selber als Leben preist: wahrlich, ein Herzensdienst allen Predigern des Todes!

Staat nenne ich’s, wo alle Gifttrinker sind, Gute und Schlimme: Staat, wo alle sich selber verlieren, Gute und Schlimme: Staat, wo der langsame Selbstmord aller – »das Leben« heißt.

Seht mir doch diese Überflüssigen! Sie stehlen sich die Werke der Erfinder und die Schätze der Weisen: Bildung nennen sie ihren Diebstahl – und alles wird ihnen zu Krankheit und Ungemach!

Seht mir doch diese Überflüssigen! Krank sind sie immer, sie erbrechen ihre Galle und nennen es Zeitung. Sie verschlingen einander und können sich nicht einmal verdauen.

Seht mir doch diese Überflüssigen! Reichtümer erwerben sie und werden ärmer damit. Macht wollen sie und zuerst das Brecheisen der Macht, viel Geld – diese Unvermögenden!

Seht sie klettern, diese geschwinden Affen! Sie klettern übereinander hinweg und zerren sich also in den Schlamm und die Tiefe.

Hin zum Throne wollen sie alle: ihr Wahnsinn ist es – als ob das Glück auf dem Throne säße! Oft sitzt der Schlamm auf dem Thron -und oft auch der Thron auf dem Schlamme.

Wahnsinnige sind sie mir alle und kletternde Affen und Überheiße. Übel riecht mir ihr Götze, das kalte Untier: übel riechen sie mir alle zusammen, diese Götzendiener.

Meine Brüder, wollt ihr denn ersticken im Dunste ihrer Mäuler und Begierden? Lieber zerbrecht doch die Fenster und springt ins Freie!

Geht doch dem schlechten Geruche aus dem Wege! Geht fort von der Götzendienerei der Überflüssigen!

Geht doch dem schlechten Geruche aus dem Wege! Geht fort von dem Dampfe dieser Menschenopfer!

Frei steht großen Seelen auch jetzt noch die Erde. Leer sind noch viele Sitze für Einsame und Zweisame, um die der Geruch stiller Meere weht.

Frei steht noch großen Seelen ein freies Leben. Wahrlich, wer wenig besitzt, wird um so weniger besessen: gelobt sei die kleine Armut!

Dort, wo der Staat aufhört, da beginnt erst der Mensch, der nicht überflüssig ist: da beginnt das Lied des Notwendigen, die einmalige und unersetzliche Weise.

Dort, wo der Staat aufhört – so seht mir doch hin, meine Brüder! Seht ihr ihn nicht, den Regenbogen und die Brücken des Übermenschen? –