Über unsere Verhältnisse?

Ein Blick auf die politische Veruntreuung von Steuergeld

Es gehört zum Repertoire deutscher Spitzenpolitiker, dem Volk in strengem Tonfall zu eröffnen, dass es über seine Verhältnisse gelebt habe. Jüngst wieder Friedrich Merz: Mit erhobenem Zeigefinger, die Stirn in die ernste Falten des Staatsmannes gelegt, erklärte er, „wir“ hätten uns in den letzten Jahren mehr gegönnt, als uns zustand. „Wir“, das klingt nach Gemeinschaft, nach Solidarität, nach einem Schicksal, das Bürger und Politiker gleichermaßen betrifft. Doch wer genauer hinhört, merkt schnell: Dieses „Wir“ ist ein semantischer Taschenspielertrick. Denn während der Steuerzahler am Monatsende die Cent-Stücke zählt, leben tatsächlich ganz andere über ihre Verhältnisse, nämlich jene, die an den Schaltstellen der Macht sitzen und mit fremdem Geld spielen, als handele es sich um Konfetti. Weiterlesen

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Die Demokratie als pädagogisches Projekt

Über staatliche Demokratieförderung, ihre Paradoxien und die Frage nach dem Vertrauen

Es gehört zu den Paradoxien moderner Demokratien, dass sie sich umso gefährdeter fühlen, je stabiler ihre Institutionen sind. Deutschland liefert dafür ein beredtes Beispiel. Seit 2015 existiert das Bundesprogramm „Demokratie leben!“, getragen vom Familienministerium, ausgestattet mit inzwischen fast zweihundert Millionen Euro jährlich. Es wurde 2014 durch die damalige Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig ins Leben gerufen und startete dann offiziell am 1. Januar 2015.

Das Programm löste die bis Ende 2014 laufenden Bundesprogramme „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ und „Initiative Demokratie Stärken“ ab. Es ist ein Förderprogramm des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und unterstützt deutschlandweit Projekte, die sich für Demokratie und Vielfalt einsetzen und gegen Extremismus arbeiten.

Das Programm läuft mittlerweile in seiner dritten Förderperiode (2025 bis 2032) und ist Teil der Regierungsstrategie „Gemeinsam für Demokratie und gegen Extremismus“.Sein Anspruch: „Demokratische Kultur fördern, Vielfalt gestalten, Extremismus vorbeugen.‟

Doch was auf den ersten Blick wie eine uneigennützige Stärkung des Gemeinwesens erscheint, wirft bei genauerem Hinsehen grundsätzliche Fragen auf: Kann eine Demokratie, die diesen Namen verdient, überhaupt von staatlicher Seite „gestärkt“ werden? Oder verrät sich hier ein strukturelles Misstrauen gegenüber der eigenen Substanz? Weiterlesen

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Pflichtjahr für die Alten

Wenn Ökonomen den Sozialstaat als Straflager neu erfinden

Es ist eine jener intellektuellen Extravaganzen, die nur aus den Höhen ökonomischer Lehrstühle stammen können: Der Sozialstaat stöhnt, die Pflege kracht, die Bundeswehr ist personell eine Erinnerung, und wer soll’s richten? Natürlich die Alten. Nicht etwa die Politik, nicht etwa Investitionen, nicht etwa eine anständige Bezahlung von Pflegekräften, nein: die Rentner. Am besten verpflichtend, wie beim Militär, nur mit Rollator. Weiterlesen

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Die Revolution zwitschert

Wenn Karlsruher Amseln zu Antifaschisten werden

Es war nur eine Frage der Zeit. Nachdem die Menschheit bereits Jahrzehnte damit verbracht hat, Hunden das Sitzen beizubringen, Katzen das Ignorieren zu perfektionieren und Papageien dazu zu bringen, peinliche Familiengeheimnisse auszuplaudern, war der nächste logische Schritt klar: Vögel müssen politisch korrekt werden. Und wo könnte das besser gelingen als in Karlsruhe, der Stadt, die schon immer für ihre revolutionären Durchbrüche bekannt war, vom Fahrrad bis hin zur ersten deutschen Verfassung. Nun also: die erste antifaschistische Amsel Deutschlands.

Im Karlsruher Schlossgarten, diesem ehrwürdigen Ort, wo normalerweise nur das sanfte Plätschern des Brunnens und das gelegentliche Knacken von Parkbänken unter dem Gewicht erschöpfter Touristen zu hören ist, ertönt neuerdings eine ganz andere Melodie. Eine Toninstallation, betrieben mit Solarenergie, weil auch der Widerstand nachhaltig sein muss,, beschallt die gefiederten Bewohner mit antifaschistischen Protestsongs. Das Ziel ist so ambitioniert wie rührend: Amseln, Meisen und Rotkehlchen sollen zu „Stimmen des Widerstands“ werden. Weiterlesen

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Von Laetrile bis DMSO

Die ewige Suche nach dem Wundermittel

Die Menschheitsgeschichte ist reich an Mythen: vom Stein der Weisen über das Wasser des Lebens bis hin zu den Elixieren moderner Chemielabors. Immer wieder flammt die alte Sehnsucht auf, Leiden, Alter und Tod durch eine Substanz zu überlisten, die, einfach, billig, gern auch aus der Natur gewonnen, Heilung für alle verspricht. Es ist ein Traum, der zugleich uralt und erstaunlich hartnäckig ist: das Wundermittel.

Während Alchemisten noch Gold aus Blei zu ziehen suchten, suchen wir heute das Heil aus Molekülen, die zufällig aus der Retorte, dem Apothekenregal oder dem Pferdestall stammen. Vier besonders eindrucksvolle Stationen dieses Zyklus aus Hoffnung, Euphorie, Verbot und Mythos sollen hier skizziert werden: Laetrile, Thalidomid, kolloidales Silber, und DMSO, die vielleicht schillerndste Substanz der jüngeren Zeit. Weiterlesen

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Jette N. sucht einen Job – aber nicht jeden

Die Generation „Ich will alles, aber bitte nicht das, was ihr macht“ hat ein neues Gesicht: Jette N. sucht einen Job, allerdings nicht irgendeinen. 40 Stunden im Büro sitzen? Welch groteske Vorstellung! Als würde man sich freiwillig in den metaphorischen Bürostuhlkäfig sperren lassen, um Excel-Tabellen zu zähmen und Kaffeetassen zu stapeln. Nein, das ist nichts für jemanden, der sich intellektuell längst auf einer höheren Ebene wähnt: dem Lebensmodell der kreativen Selbstverwirklichung bei gleichzeitiger Ablehnung von Routinen, die nach 1985 erfunden wurden. Weiterlesen

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Deckname Gefahr

Frauen, die unsichtbare Achse der Spionageliteratur

Spionage ist das Reich der Schatten, der Identitäten im Plural. Wer täuscht, führt; wer sichtbar wird, hat verloren. In der langen Ahnenreihe der Spionageromane jedoch ist eine Figur stets in den Hintergrund gerückt, nicht trotz ihrer Fähigkeit zur Tarnung, sondern wegen ihr: die Frau. Während der männliche Agent als charismatischer Einzelgänger mit moralischer Dissonanz ins Zentrum rückte, denken wir an Bond, Smiley oder Bourne, fristete die Spionin ein literarisches Doppelleben: Sie war entweder erotisierte Ablenkung oder randständige Moralfigur. Erst mit Romanen wie Louise Doughtys „Deckname Bird“ beginnt ein Paradigmenwechsel. Die Frau ist nicht länger Beilage des Plots, sondern Drehpunkt eines Genres, das ihre unterschätzte Macht lange ignorierte. Weiterlesen

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Der alte (weiße) Mann und die Wut

Die Rentner-Radikalisierung: Wenn Opa zum schlimmsten Feind der Demokratie wird

Liebe Leserinnen und Leser,

setzt euch hin, greift zum Eiswürfel und einem kühlen Bier (oder Kräutertee, je nach Konstitu­tion) , denn hier kommt der große „Rentner-Radikal-Report“: Ein wahres Meisterwerk der pseudowissenschaftlichen Glaskugelkunde, womöglich im Tiefflug aus dem letzten FOCUS‑Sommerloch abgestürzt. Weiterlesen

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Nachdenken über das Entschuldigen

Die Zukunft gehört denen, die wissen, wie man sich entschuldigt

I. Einleitung

Der Aphorismus „Die Zukunft gehört denen, die wissen, wie man sich entschuldigt“ mag auf den ersten Blick überraschen. In einer Welt, die oft von Wettbewerb, Durchsetzungsvermögen und dem Streben nach makelloser Perfektion geprägt zu sein scheint, könnte die Fähigkeit zur Entschuldigung als Schwäche missverstanden werden. Doch bei genauerer Betrachtung offenbart sich in diesem Satz eine tiefgreifende Wahrheit über menschliche Beziehungen, gesellschaftlichen Fortschritt und die Entwicklung des Einzelnen. Er suggeriert, dass die Bereitschaft, Fehler einzugestehen und aufrichtig um Verzeihung zu bitten, nicht nur eine Tugend ist, sondern eine entscheidende Kompetenz, die den Weg in eine konstruktivere und resilientere Zukunft ebnet. Weiterlesen

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Wenn keiner mehr fragt, ob das stimmt

Der Dunning-Kruger-Effekt in Politik und Medien, oder „Ich habe keine Ahnung, davon aber reichlich‟

Die Politik

Die Selbstüberhöhung der Ahnungslosen: Dunning-Kruger als Regierungsprogramm

Es gibt psychologische Theorien, die erklären die Welt. Und es gibt solche, die entschuldigen sie. Der Dunning-Kruger-Effekt gehört zweifellos zur ersten Sorte, er leuchtet wie ein grelles Flutlicht in den Saal unserer politischen Gegenwart und zeigt: Die größten Klatscher sitzen nicht nur im Publikum, sie haben inzwischen das Mikrofon. Weiterlesen

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