Das fällt der KI zum Thema Gutmensch ein…

Im Zwischenreich der Tugend

Er sitzt am Fenster, das Gesicht im matten Licht der Vormittage, die weder klar noch trüb sind. In der Hand ein Buch, das er nicht mehr liest, nur noch hält, als sei es ein Rest von Bedeutung. Draußen fällt der Regen in zarten, gleichgültigen Schleiern, nicht genug, um zu stören, nicht wenig genug, um vergessen zu werden.

Ein Gutmensch, sagt man über ihn. Einer, der immer das Richtige denkt, mit dem Tonfall des Behutsamen, der das Scharfe meidet wie ein Kratzer auf Glas. Er selbst sagt das Wort nicht. Es sei ihm zu stumpf, zu kontaminiert. Und doch: Es haftet ihm an, wie eine Etikette aus der Zeit gefallen, eine Geste, die man nicht mehr ganz versteht.

Er glaubt an Menschenwürde. An Empathie. An den stillen, aber wirkungsvollen Widerstand des Anständigen. Doch manchmal, wenn der Wind an der Fensterscheibe reibt wie ein Tier an der Schwelle, beschleicht ihn ein Verdacht, dass seine Moral ein bequemes Nest sei, gebaut aus Worten, aus Gesten, aus gut gemeinten Absichten. Dass da etwas fehlt: der Riss, das Feuer, das Blut.

In Träumen kehrt eine Gestalt zurück, die er nicht kennt, aber ahnt. Eine Gestalt mit klaren Augen und rauer Stimme. Sie fragt nichts, sie urteilt nicht, sie sieht nur. Und in diesem Blick liegt ein Wissen, das ihn schmerzt: dass auch die Güte eine Flucht sein kann. Dass es Zeiten gibt, in denen das Sanfte nicht genügt. Dass Moral, ohne den Mut zur Tiefe, zur Tragik, zur Konfrontation, bloß Fassade ist.

Manchmal sehnt er sich nach einer Welt, in der das Wort „Mensch“ wieder etwas Schweres trägt. Nicht nur Wärme, sondern Würde. Nicht nur Fürsorge, sondern Entscheidung. Eine Welt, in der man irren darf, aber nicht verflacht. In der ein Nein Gewicht hat, und ein Ja aus Wunden wächst.

Er steht auf, legt das Buch zur Seite, geht hinaus. Der Regen ist kühl, nicht unangenehm. Er geht ohne Ziel, nur mit dem Wunsch, nicht mehr recht zu haben, sondern wahr zu sein.

Dieser Beitrag wurde unter Fundstücke, Gedanken zum Tag abgelegt und mit , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.