Kein Küsschen mehr

Freunden gibt man ein Küsschen. Leider gibt es in der Politik keine Freunde, sondern nur Interessen, vorwiegend die der anderen Mitspieler auf dem Parkett globaler Politik. Genau das, was unsere politische Führung mit ihrem eingängigen, aber naivem Spruch, unser Land sei nur noch von Freunden umgeben, immer betont hat, fällt Deutschland, besser gesagt, seiner politischen Führung jetzt in Form einer neuen, die eigentlich eine alte, eine schon immer betriebene war, Geopolitik auf die Füße.

Nix mehr mit Bussi und Händchenhalten, nix mehr mit Umarmungen und vertraulichen Gesten. Jetzt macht Macron, der beste Freund der Deutschen, so die offizielle Berliner Diktion, Geopolitik vom Feinsten und schlägt sich, immer den französischen Export von Energie in ein, durch falsche Politik, bald davon abhängiges Land vor Augen, auf die Seite US-amerikanischer Globalstrategen, denen nichts lieber ist, als den ohnehin schon betriebenen neuen Kalten Krieg weiter voranzutreiben und dabei bewusst Eskalationen in Kauf zunehmen, ja diese sogar herbeisehnen.

North Stream 2, die Gaspipeline, welche die Versorgung Deutschlands mit russischem Erdgas sicherstellen soll, war in der EU immer schon umstritten und wurde von den USA heftig kritisiert. Was es bedeutet, von den USA „heftig kritisiert“ zu werden, wissen inzwischen einige arabische Staaten.

Da bei seinen angeblichen Freunden schon immer Einigkeit darin bestanden hat, Deutschland unter Kontrolle zu halten, seine finanziellen Ressourcen im Namen des Molochs EU zu plündern (ESM, Griechenland- und Bankenrettung, der Plan einer europäischen Arbeitslosenversicherung, Flüchtlingspolitik, etc.) kommt dem Seitenwechsel der französischen Politik, der angeblich den Interessen der Osteuropäer geschuldet ist, eine Bedeutung zu, die den Berliner Naivlingen noch sauer aufstoßen dürfte.

Für die USA, die das Projekt seit Beginn mit dem Argument, es mache Deutschland erpressbar bekämpft haben, kommt der Seitenwechsel Macrons genau zur richtigen Zeit, um, wie Peter Scholl-Latour einmal schrieb „Russland im Zangengriff“ zu halten. Die stetige Ost-Erweiterung der NATO, die an Paranoia grenzende Angst Polens und der baltischen Staaten, Russland könnte, wie in der Ukraine, versucht sein, Tatsachen zu schaffen und versuchen, ehemalige Satelliten wieder seiner Einflusssphäre zuzuschlagen, all das spielt US-amerikanischen Plänen, den ehemaligen Gegner einzukreisen, in die Hände.

Mitten drin, geographisch und geopolitisch, befindet sich Deutschland, dessen Politiker jetzt allmählich merken, was es mit den es umgebenden Freunden auf sich hat. In der Flüchtlingsfrage isoliert und dank der Merkelschen Energiewende bald deindustrialisiert. Morgenthau 2.0.

Fassen wir zusammen: in drei bis vier Jahren gehen die deutschen AKW vom Netz und ein paar Jahre später ist das Ende der Braunkohleverstromung vorgesehen. Effiziente und moderne Gaskraftwerke wurden z. T. demontiert und sind Richtung USA verschwunden. Im Gegenzug setzt LinksRotGrün auf Ökostrom, auf erneuerbare Energie, die, massiv mit Staatsknete gepampert, den deutschen Verbraucher bereits jetzt mehr bezahlen lassen, als seine europäischen Nachbarn.

Sollte es zu den erwarteten Stromengpässen kommen, weil wieder einmal Flaute oder wolkenverhangener Himmel der Ökostrom-Produktion Grenzen setzt, dann werden wir natürlich gern Strom aus französischen Kernkraftwerken oder polnischen Kohlekraftwerken beziehen. Der Irrsinn, der dahintersteckt, ist jedem aufgefallen, der noch über gesunden Menschenverstand verfügt. Leider gehört die LinksRotGrüne Kaste nicht zu diesem Personenkreis.

Auch wenn Berlin und Paris heute den anderen EU-Staaten einen neuen – Vorschlag – zur Überarbeitung der europäischen Gasrichtlinie gemacht haben, nach dem die Zuständigkeit für Pipelines mit Drittstaaten wie Russland bei dem EU-Land läge, wo die Leitung erstmals auf das europäische Netz trifft, ist der (französische) Geist doch aus der Flasche gelassen.

Jetzt rächt sich, zumindest für Deutschland, der Fehler Helmut Kohls, im Zuge der Wiedervereinigung die Politik einseitig nach Westen ausgerichtet zu haben.

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